Der Kristall als Symbol
‘So ist es ja eine Sache, dass Bauten gebaut, eine andere, dass sie geschaut werden’ Otto Bartning.
Der Kristall als Symbol und/oder Metapher in einem funktionalem Paradigma.
Vorbemerkung.
Hier wird versucht aus `Der Kristall als expressionistisches Symbol´ von Henrik Leschonski, Diss.,2007 die wichtigste Bemerkungen zu nutzen um den Kristallbegriff zu re-konzeptualisieren, neu zu erfassen im Rahmen einem funktionalen Paradigma. Wenn möglich und nötig, werden die Autoren oder die Seite des Buches Henrik Leschonskis erwähnt (H.L./S...). Darüber hinaus wird ein spezifischer Gedankengang gefunden, der innerhalb von artesS entwickelt wurde.
Das funktionale Paradigma betrifft eine Synthese zwischen dem mythischen und dem ontologischen Paradigma (C.A. van Peursen, Kultur in Stromschnellen).
In der Vergangenheit, besonders im mythischen Paradigma, sehen wir den Kristallbegriff im Bild des himmlischen Jerusalems und zum Beispiel im sakralem Bau der gotischen Kathedralen .
Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts fängt das funktionale Paradigma an, vor allem die Expressionisten laden das mythische Denken auf und versuchen dieses zu erweitern. Der Expressionismus setzte eine Gegenbewegung zum Positivismus ein, die aus dem ontologischen Paradigma hervorging.
Wenn wir sie verstehen wollen, sollten wir das Kristallkonzept innerhalb eines wissenschaftstheoretischen Rahmens ausarbeiten. Das bedeutet, dass wir Einblick in diesen grundlegenden Paradigmenwechsel gewinnen müssen, um das Kristallkonzept neu zu konzipieren.
Das funktionale Paradigma wird nur in einer offenen systemisch-dynamischen Beziehung möglich. Aus diesem Grund wird das Kristallkonzept nur in einer systemischen dynamischen Beziehung funktional.
Die Kristallidee muss als Denkkonzept erarbeitet werden, als ein Konzept zum Vordenken und Nachdenken, wenn man alle seine Facetten in Bild und Begriff zeigen möchte.
Das funktionale Paradigma verbindet und harmonisiert sowohl das analytische begriffliche als auch das synthetische bildnerische, gestalterische Denken.
Die Expressionisten versuchten, das Denkbare zu erweitern, neben Verstand und Analytik braucht man auch Vernunft und Synthetik (E. Kant und G. Hegel).
In der Lage zu sein, empirisch und rational zu denken, Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft zu verbinden: Sowohl das Materielle als auch das Immaterielle, sowie das Quantitative als auch das Qualitative, ebenso wie das Immanente als auch das Transzendente, sowohl begrifflich analytisch als auch bildhaft synthetisch.
Den Dreiklang von Metaphysik, Ästhetik und Ethik, dem Wahren, Schönen und Guten, den drei Seelenfähigkeiten denken, fühlen und wollen, in Wissenschaft, Kunst und Religion neben-einander (egalité), mit-einander (fraternité) und durch-einander (liberté) zu gestalten.
Im funktionalen Paradigma will man den Dualismus zwischen Körper und Geist, Außenwelt und Innenwelt, Objekt und Subjekt überwinden. Dies erfordert nicht nur die Erweiterung des Denkens, sondern auch die Wiederentdeckung und erneute Kenntniserlangung vom Wollen (Nietzsche, Schopenhauer) und Fühlen in den Handlungen des Menschen.
Wie kann man Willensdynamik, Gefühlsdynamik und Denkdynamik vereinen in der Durchgeistigung der Realität und die Durchmaterialisierung der Idealität, wie kann man eine transzendente Realität mit einer immanenten Idealität denkend, fühlend und wollend verbinden? Wie vereint man eine materialisierte Vergeistigung mit einer entmaterialisierte Verkörperung? Eine empirische Welt mit einer idealistischen Welt? Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft (W.Dilthey)
Diese Suche beginnt mit den Expressionisten und mit dieser Suche beginnt das funktionale Paradigma.
Die Wiederentdeckung des geistigen.
Geistige Kunst (W.Kandinsky) entwickelt als Vorstufe die künstlerhafte Geistigkeit und weiter die schöpferische Geistigkeit (W.Worringer). Der Künstler als Schöpfer wirksamer Wirklichkeit. Arbeitend mit Zeichen und Symbolen, Bildern und Mustern. Das Bilden wird ein Bauen und das Bauen ein Bilden, der Künstler ist ein Architekt, ein Weltbaumeister.
Die Wiederentdeckung des Geistigen als Kategorie im Denken. Man übt ein abstraktes Denken neben einem konkreten Denken. Wie verbindet man eine abstrakte kristallin-geometrische Formensprache mit exakten sinnlich-anschaulichen Qualitäten. Wie verbindet man das Sakrale, Heilige, und das Profane, Säkulare, in abstrakten gegenstandslosen Darstellungen und in konkreten gegenstandsvollen Darstellungen? (sacred geometric, harmonic proportions, arithmetic). Wie verhält sich das Denken in Begriffen zum Denken in Bildern? Wie können Dualität und Polarität zueinander in einem Verhältnis stehen?
Wie kann das Denken neben Festigkeit an `Flüssigkeit´ gewinnen (Worringer)? Die Kunst das Denken in Begriffen mit dem Denken in Bildern zu verbinden? Begriffe zeigen was schon ist (Vergangenheit), Bilder zeigen was noch nicht da ist (Zukunft).
Die Vergeistigung des Denkens sucht ein `Mittel´ um `Transzendenz zu visualisieren´, sucht eine `schematische Gliederung des Bildaufbaus´, sucht ein `typisierendes Ornament´, sucht `geometrisch kristallinische Gesetzmäßigkeiten´, einen `Verewigungsstempel ohne Zeitlichkeit und Willkür´, um mit `reinster Abstraktion konkrete Realitäten in Beziehung zu bringen´ (`...´Worringer). Das Besondere mit dem Allgemeinen, das Partikulare mit dem Universellen in Beziehung zu bringen. Man versucht ein Simplex zu rekonstruieren. Das Vergängliche (Immanenz) mit dem Unvergänglichen (Transzendenz) zu verknüpfen.
Alles was ist, will mehr als Sein, will vertieft werden, strebt zum Geistigen (G.Benn). Ist dieser Geist unverstellt und unmittelbar zu begegnen und zu erleben? Traditionell versucht man mit Stilphänomenen aus Jahrhunderte alter Technik das Geistige in Symbole, Metaphern und Riten, mit Bilder, Wörter und Handlungen zu visualisieren (H.L./S.163).
Zeit und Raum können statisch und dynamisch verstanden werden. Zum einen kann Zeit als ein Strom, ein Fluss (Panta Rei, Herakleitos) verstanden werden und zum anderen kann Zeit unmittelbar `da´ sein, verstanden werden wie ein Nunc Stans. Die Zeit wird zum Raum, der Raum wird zur gleichen Zeit. Kronos und Chairos repräsentieren jeweils die mittlere, verfließende Zeit und die unmittelbare, augenblickliche Zeit.
Zeit und Raum sind nicht nur diskursiv oder rekursiv, sie sind beides.
Im empirischen immanenten Bereich überwiegen Diskursivität, Kausalität, logische Entwicklung und systematischer Fortschritt.
Im idealen transzendenten Bereich, wird die Zeit zum Raum und der der Raum wird zum Kristall: dadurch Ausdruck einer metaphysischen Wirklichkeit, ein ewiger Moment (Nunc Stans), ein mythisches unmittelbar da-sein, alles ist unmittelbar Hier und aus sich heraus gültig, einer sakralen Sphäre zugehörig (H.L./S.163).
Jedes Phänomen steht wie ein unmittelbar Gegebenes und irreduzible Größe im Raum, ist unmittelbar Ausdruck einer seelisch, geistigen Realität, also metaphysisch verstanden eine Seinsbestimmung (H.L./S.164) (causa finalis). Dies erfordert einen Weg nach Innen, ebenso schwierig wie ein Weg nach Außen im empirischen Bereich. Im transzendenten Bereich entdeckt man `Schöpfungsschichten´. Schichten und Berührungsebenen kann man darstellen in `Gestaltsymbolen, Urbildern und Mythen´, meistens in einer `abstrakten Formenwelt Geometrischer Stil´ (H.L./S.164). So wird das Geistige wirksam und kann nur so etwas bewirken im empirisch, materiellen und stofflichen Bereich.
Im funktionalen Paradigma gibt es wieder Raum für das metaphysische Bedürfnis des Menschen, ein Bedürfnis das Leben zu transzendieren. `Geist ist dem Materiellen übergeordnet, ihm konstruktiv überlegen, als formendes und formales Prinzip´ (G.Benn). Causa formalis gegenüber causa materialis, zusammen arbeitend causa efficiens, führend zum causa finalis (Aristoteles).
Symbole sind `Gehäuse für Geistiges, Ich begabten Wesen´ (T.Däubler), aus sich Selbst erscheinend: Phänomen (Herkunft der Wortbedeutung aus dem Griechischen), `Form fordernde Gewalt des Nichts´ (H.L./S.164) (was man nicht sehen konnte im empirischen Bereich). Das erfordert eine konstruktionelle Bildauffassung. Weiter auch eine `Erweiterung von den Grenzen der Subjektivität´ (geist-zentrische Orientierung, alles im materiellen Bereich hat eine innere geistige Seite). Von dem Phänomenologen erfordert es ein Sich-hinein-versetzen in die ‘Gegenstände’ der Welt da Draußen, nicht ein damit Verschmelzen, weil er sich ausstatten muss mit individuellen Empfindungen, nicht nur Objekt beteiligt wahrnehmen, sondern auch Subjekt beteiligt gewahr werden. Versuchen das geistige Wesen in den Objekten zu verstehen und zu begreifen.
Die Dinge haben eine `innere geistige Realität´, ein transzendentales dynamisches Formprinzip, aus sich selbst erscheinend. Es ist die Aufgabe des Phänomenologen, dies herauszufinden. Die Wirklichkeit neu zu gestalten, zu erbauen, zu bilden, `darstellbare Dinge neu zu erfinden´ (P.Scheerbart), die `Balance zwischen Gegenstand und schaffenden Formkräften´ zu suchen und zu bewahren. Deshalb muss der Mensch anthropozentrisch und kosmischdizentrisch orientiert sein. Der neue Mensch ist ein `schöpferisches Wesen, ein Architektoniker der mit Bausteinen arbeitet: das heißt, er versucht mit elementarisierten Formen, Farben, Klängen und Wörtern die Welt neu zu gestalten, zu bauen und zu bilden´ (A.Behne). Das erfordert ein bildnerisches Denken, Fühlen und Wollen: kunstvoll formvollendet schaffen.
Das ‘Kunstwerk’ ist deshalb ‘dynamisch’ und visualisiert gebannte Kräfte in Formen und Figuren (Komposition, und Figuration): Kreis und dynamisches Kreuz (Diagramm mit Karo), Kreis und statisches Kreuz (Dynagramm mit Kubus), in Linien und Grenzflächen, mit dynamischen Aspekten. Die `Kraft der Kristallisation´ (A.Behne) wird sichtbar in der dynamischen Raum- (Komposition) und Zeit- (Figuration) gliederung, die sich wie ein Feld aus einem Zentrum vollzieht (Kristallbildung).
Bildentwicklung, wie `Bauwachsens´, ist eine `willens-bestimmter Gestaltung´, bilden ist bauen, `gesetzlich-transzendente Aktion aus dem Geist eines autonomen Subjektes´(H.L./S.181). Dies ist das zentrale Thema des funktionalen Paradigmas, Disziplinübergreifend, symbolisiert durch die kristalline Dynamik (dynamische Konstruktion).
`Das Kunstwerk ist metaphysische Konstruktion. Es stellt ein Universum en miniatüre dar mit Regeln und Gesetzen´. Im Bild und Begriff erscheint das `Kunstwerk als dynamisch ganzheitliche Konstruktion aus dem Geist des Subjekts, als Reflexion des seelisch Geistigen´. Eine Überwindung der Differenz von Signifikant und Signifikat durch die Kraft eines neuen absoluten ’Wort-Bildes’, Struktur und Ordnung sind architektonisch konstruktionell eine ’Gestalt-totalität’ (H.L./S.182)
Man kann sagen, Haus Wylerberg ist expressionistisches ’Kunstwerk’, mit der `Trias von Transzendenz, Dynamik und Konstruktion´ (H.L./S181). Mit `dynamischen Form und Farbvaleurs´, Klang und Tonwerten, Bild und Wortwerten. Eine `abstrakte Ornamentik in der spitze Winkel als Ausdruck einer anorganischen Kristallinik dominieren´. So entstand Bilddynamik: `zwischen konstruktionellem Gestaltaspekt und dem dynamischen Aspekt der Form-Farb-Kontraste´ (H.L./S.181), vertikale und horizontale Linien. Beide zusammen erzeugen die `Bildtotalität´ als `Einheit von Gegensätzen´, als ein `dynamisch konstruktionelles Spannungsgefüge´, welches die `Ausbalancierung innerer Gegensätze unter einem transzendentalen Gestaltaspekt anstrebt, den der Kristall symbolisch vertritt´ (H.L./S.181).
System Dynamik ist wie ein ’Kunstwerk’ transzendental mit nicht empirischen Ausdrucksmöglichkeiten und Bildformen, ein Transzendenz Symbol wie der Kristall. `Vergängliche, Raumzeitliche determinierte Gehalte transformieren in überzeitliche Formen´, werden in ihrer `Typizität´ sichtbar gemacht als `Kristall in der Zeit´ (H.L./S.181), in geometrisch abstrakte Strukturen wie Kreis und Kreuz, Kubus und Karo, Linie und Dreieck, typisierender idealisierenden Darstellungsformen.
Wie im funktionellen Paradigma, lehnten die Expressionisten die grundsätzliche Spaltung von Subjekt und Objekt ab (H.L./S.180)! Man wollte die Mauer zwischen Subjekt und Objekt einreißen, unter dieser Betrachtungsweise muss man Objektivität und Subjektivität, Objekthaftigkeit und Subjekthaftigkeit, Objektbeteiligung und Subjektbeteiligung, Objektdissoziation und Subjektdissoziation, analytische Trennung von Subjekt und Objekt, synthetische Verbindung zwischen Subjekt und Objekt, zusammen denken, fühlen und wollen. System Dynamik ist wie das ’Kunstwerk’ immer beides: analytisch und synthetisch, Wort und Bild, diskursiv und rekursiv, Simplex und Komplex, Konstruktion und Gestalttotalität.
Ein System dynamischen Simplex, Grundform, Grundmuster ist ein abstraktes Konstruktionssystem in dem dynamische Kräfte schlummern, mit statischen und dynamischen Aspekten, die in einem Gestaltausdruck amalgamieren und nach einer Ausdrucks-Bewegtheit (Dynamik) immaterieller Art streben.
Das Kristallhaus Wylerberg, ist wie ein Simplex, eine jedem vordergründige Zweckgedanken enthobene metaphysische Konstruktion, zugleich Zeichen eines religiösen Gemeinschaftsideals und Ausdruck einer transzendenten Wirklichkeit, Innen voller Dynamik und Wandel, Spiegelung und Reflexionen.
Die formalen Gesetze repräsentieren im Simplex eine Eigengesetzlichkeit des geistig Konstruktiven, sie sind zu verstehen wie Konstanten einer Gestaltwirkung in einer geometrisch kristallinen Struktur. Deshalb findet man im Haus Wylerberg wie im Simplex eine ähnliche Ordnung und Struktur. Deshalb darf man vom Bauen als von einem kristallisieren reden: ein `Aneinander-setzen von gesetzmäßig ausgerichteten ’Sachen’ verschiedenster Materien zu einem einheitlichen Gebilde´ (H.L./S.178).
Aus dieser Perspektive heraus muss das Bild als Ereignis, nicht als statisches Sein interpretiert werden. Auch Begriffe, Konzepte und Gedanken kann man bilden und bauen. Dazu nutzt man die `Formenergie´, den `Formwillen´ von einem Simplex, mit ihrer spezifischen `Ausdrucksbewegung´ und `Ausdruckskunst´ (H.L./S.179). Das Bilden fragt die notwendige Feinarbeit einer `phänomenorientierten Bildinterpretation´, ein hermeneutischer Prozess, der die Geschichte versteht und begreift als `Geschichte der Verwirklichung von Ideen und Konzepten´ (H.L./S.178).
Die zentrale Konstante im kristallisieren heißt Konstruktion. Konstruktion kann sowohl quantitativ als auch qualitativ sein, materieller wie immaterieller Art, Konstruktion von Außen wie Konstruktion von Innen. Das funktionale Paradigma muss beide ineinander verstehen und begreifen. Die `mystisch innerliche Konstruktion´ (Franz Marc) wie die technisch wissenschaftliche Konstruktion. Das Kristallisieren entsteht aus einem ursprünglich erkenntnistheoretisch motivierten Interesse, deshalb kann man damit das funktionale Paradigma begründen.
So wie Schiller sucht man nach einem Formtrieb (Benn), einem Zwang zur Form (Schopenhauer), voll eigener Wille. Schiller unterscheidet Formtrieb (causa formalis), geistiges Prinzip (wollen), Sachtrieb (causa materialis), materielles Prinzip (denken), Spieltrieb (causa efficiens), ja eine neue Kunst, fühlend, `Wirklichkeit zu schaffen als Konstruktion´, wie Innen und Außen vermittelt, aus dem `Geist´, `Schöpfergeist´. Auf diesem Wege (causa finalis) eine `synthetische Neuordnung der Dinge zu schaffen´, wie in einer creatio ex nihilo (H.L./S.178).
Dem `transzendentalen Bild wie dem Begriff kommt eine kreative Potenz´ zu, um die Welt neu zu erschaffen. Das erfordert ein neues `Schauen´ (Jean-Paul), eine neue Bildersprache (Wortbilderei / Novalis)) der die `Gesetze der symbolischen Konstruktion der transzendentalen Welt´ (Novalis) entspricht, aber jedoch verbunden wird mit der immanenten Welt, Idealität und Realität vereint. Schiller meint eine symbolische Konstruktion einer transzendentalen Welt, unabhängig von aller empirischer Erfahrung, aber mit dem funktionellen Paradigma tritt der Versuch ein es auch zu verbinden mit der immanenten Welt.
Die neue Kohärenz zwischen Bild und Begriff im funktionalen Paradigma hat einen dynamisch ganzheitlichen Zusammenhang von Gegensätzen: ein nebeneinander antithetischer Momente, antithetische Wortkombinationen (Neologismen), Bewegungsausdrücke, verschiedene Dynamiken und Funktionen, unterschiedene Kreisbewegungen, Wirbel, usw. Die Expressionisten fangen an eine neue Bildsprache zu entwickeln.
Das Bildfeld ist mit einem Bau vergleichbar. Entscheidend ist der architektonische Gesamtcharakter, dessen Funktionalität in der Gliederung des Bildraumes besteht, der sich wie eine Kristallbildung um das Kraftzentrum des Bildes formen müsste (Lothar Schreyer).
Begriffe in einer Bildgestalt drücken Bewegung und Dynamik aus und funktionieren in Simultanität eines Bildfeldes. Wegen des Kraftzentrums jedes Bildfeldes funktionieren Kreis und Kreuz Strukturen, Kubus und Karo, vertikal und horizontal, Zickzack Linie und drei-ecken. Das Gegenständliche im immanenten Bereich ist mit ungegenständliche Dynamiken zu Visualisieren in einer Bildgestalt und einem Bildfeld. Dynamisch interpretierbare Formen die die Geistige Sphäre visualisieren, wodurch das Transzendente im Immanenten aktiv werden kann.
Der Künstler wird in und mit dem Kunstwerk autonom, eigenständig kreativ. Der Künstler wird der neue Mensch der versucht immanentes und transzendentes neu zu gestalten, neu zu erschaffen, nach den Regeln und Gesetzen einer erweiterten Rationalität. Verstand und Vernunft können nun in einem neuen funktionellen Zusammenhang gedacht werden.
Materie und Energie sind austauschbar, wie Elektrizität und Magnetismus, wie kleine Atomkraft und große Atomkraft, wie Anziehung und Abstoßung, wie Links- und Rechtsdrehen, wie Bewegung und Gegenbewegung, wie Kraft und Wille, wie denken und wollen: ähnliche Dynamiken sowohl im immanenten als im transzendenten Bereich.
Nur mit dem Dynamismus bestimmt der Gegenstand sein Drama und gibt das Maß vor, um erschaffen zu werden (Umberto Boccioni).
Subjekt und Objekt geraten in eine neue ’Beziehung’, eine neue Interaktion, einer ist nicht ohne den anderen, sie interagieren ständig miteinander. Das ist das Wesentliche des funktionalen Paradigmas. Die Expressionisten fangen an das zu thematisieren.
Der `Künstler versucht sich in diese Bewegungsverläufe hinein zu versetzen, die abstrakten, ungegenständlichen Schichten und Dynamiken im Gegenstand darzustellen, mithin das Unsichtbare sichtbar zu machen´ (H.L./S.175).
Objekte zerlegen in ihre elementaren Dynamiken, Ordnungen, Strukturen, Platonischen Körpern, Rhomben, Polyeder, Kristalline Formen. Bewegung und Licht zum Beispiel werden Leitkategorien. Ziel ist die Starre des euklidischen Raumkonzepts überwinden (Futuristen). Revolutionierung der Wahrnehmung, um nicht nur das empirisch quantitative, aber auch das ideelle qualitative zu denken, fühlen und wollen. Durch die Aufwertung von Form und Farbe, Ton und Klang, Licht und Dunkel, Bewegung und Dynamik. Neben der Stofflichkeit der Körper existiert auch das Unstoffliche, immateriell Geistige, Ideelle.
Die mechanistische Welt- und Menschdeutung dominierte das Denken des Neunzehnten Jahrhunderts, mit den Expressionisten und dem Funktionellen Paradigma beginnt nun das erweiterte Denken nicht nur von Substanzen, sondern auch von Dynamiken. Neben materieller Quantität wird es möglich immaterielle Qualität zu denken. In der neuen Physik: dynamische Quanten die in einem (qualitativen) Spannungsverhältnis stehen zu anderen dynamischen Quanta. Mit dem funktionalen Paradigma fängt eine Aufwertung des Dynamischen an, entdeckt man unterschiedliche qualitative Dynamiken.
Diese Dynamiken entdeckt man auf neuem in den alten Kunstwerken und in den Sakralbauten, mit ihren energetischen Stilmerkmalen, Formenergien, wie bei den dynamischen Quanten, so wie in der Gotischen Kathedrale. In der Kathedralen Architektur ist alles Bewegung, ungezügelte Aktivität, überwältigende Dynamik, mythischer Zwang mit voller Pathetik, Raummusik in Fortissimo (Worringer).
Pathos, Gefühl ist der Ausgangspunkt der Schöpfung (Nietzsche) und sucht eine neue Formensprache (wie im Expressionismus). Das neue Pathos ist Wille, Absicht, Energie, Evokation, Wille zu einer Tat, schöpferischen Akts, ein großes Ja zum Leben: das Subjekt erwacht in einem neuen Verhältnis zwischen Diesseits und Jenseits.
Im funktionellen Paradigma entstand ein erneuter metaphysischer Leitgedanke: Dynamismus, Ziel bewegte Dynamik (kinesis, dynamus, energeia und entelecheia – Aristoteles). Nicht nur mythischer Dynamismus, sondern auch ontologische Dynamiken miteinander verknüpfen in dynamischen Simultankontraste. Von der Analyse äußerer Erscheinung, zu erneut entdeckten bewegenden inneren Formkräften.
Das starre Sein in wissenschaftlicher Objektivität wird ergänzt und erweitert mit einem bewegenden dynamischen Werden. Das Subjekt entdeckt eine `künstlerhafte Subjektivität, die in einer Rekonstruktion eines spirituell interpretierten Universums erneut schaffen kann, welches man durch dynamisch abstrakte Formen darstellen kann´ (Futurismus), auf der Suche nach dem Wahren, Schönen und Guten, einer authentischen Struktur der Objekte nachforschend, die Fähigkeit mathematisch geometrische Transformationen zu denken, vorbildhaft in der qualitativen Mathematik.
Das Subjekt erkennt erneut seine schöpferischen Kräfte. Nietzsche hat Raum geschaffen für dynamische Bestimmungen beispielsweise Wille, Macht, Kraft und Pathos. Eine individualisierte Geistigkeit im Diesseits denkt, fühlt und will das Jenseits in all ihrer Universalität (Totalität) hic und nunc visualisier